Januar 2024
Liebe Tanz-Freund*innen,
die sich zuspitzende politische Lage in Deutschland und der Welt betrifft und beschäftigt auch uns zutiefst. Als Berliner Tanzvermittlungsprogramm in Schulen gilt unsere Arbeit jungen Menschen mit den unterschiedlichsten biografischen und kulturellen Hintergründen. Als Tanzspielstätte für junges Publikum arbeiten wir mit diversen und internationalen Tanzkünstler*innen zusammen. Auch in unserem Arbeitsfeld spüren wir täglich die fortschreitende Zerrissenheit unserer Gesellschaft.
Zusammen haben wir verloren_ Vielleicht ist die beste Voraussetzung, um neu zu beginnen, die Anerkennung eines Scheiterns: Der Krieg in Nahost steht für das Scheitern von politischen Lösungen – diese werden dringend gebraucht. Dass die AfD und andere rechtsextreme Gruppierungen einen Plan für die Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland verfolgen, kann als Scheitern der demokratischen Kräfte gesehen werden.
Neben Fehleranalyse ist Zusammenhalt das Gebot der Stunde, um für Menschenrechte einzustehen. Doch wie können wir zusammenhalten und gemeinsam stark sein, wenn kein Konsens darüber herrscht, wie jede*r von uns seine*ihre Pflichten zur Verteidigung der Grundrechte wahrnimmt?
Ein Beispiel dafür ist die von der Senatsverwaltung für Kultur und gesellschaftlichen Zusammenhalt eingeführte Antidiskriminierungsklausel im Förderkontext*, die sich auf die Arbeitsdefinition von Antisemitismus der IHRA bezieht. Als TanzZeit schließen wir uns dem kritischen Appell des Rats für die Künste Berlin, LAFT und weiterer Verbände an – und sehen zugleich mit großer Sorge, für wie viel Spaltung die Einführung dieser Klausel in der Kulturszene gesorgt hat.
Zusammen geht es aufwärts_ Für alle Künstler*innen und Kultureinrichtungen, für eine Kulturpolitik, die die Grundrechte aller anerkennt, gibt es keine Alternative, als unterschiedliche Perspektiven und Positionen auszuhalten. Denn wenn wir uns weiter spalten lassen, liefern wir all denen, die absichtlich und kontinuierlich die Grundrechte missachten die besten Argumente, dies ungehindert weiter zu tun.
Let’s agree to disagree! Um zusammen für Menschenrechte und Demokratie einzustehen, muss die Kunst, Viele zu sein, gelingen.
„Der Hass bricht nicht plötzlich auf, sondern er wird gezüchtet. Alle, die ihn als spontan oder individuell deuten, tragen unfreiwillig dazu bei, dass er weiter genährt werden kann.“ (Caroline Emcke in „Gegen den Hass“)
Herzliche Grüße
Team TANZKOMPLIZEN
*Stand 22.01.24: Die Klausel wurde ausgesetzt.