Die Kompliz*innenjury
TANZKOMPLIZEN steht nicht nur für Tanzstücke für ein junges Publikum, sondern auch für eine engagierte Vermittlung, um Tanz als Kunstform zu stärken und bekannt zu machen. In den Nachgesprächen zu unseren Vorstellungen kommen wir immer wieder in Kontakt mit unserem Publikum. Aber wie nimmt jemand das Programm von TANZKOMPLIZEN wahr, der/die nicht unbedingt Schüler*in ist, eher nicht ins (Tanz-)Theater geht und gleich fünf Stücke hintereinander sieht?
In unserem Projekt DIE KOMPLIZ*INNENJURY haben wir acht Menschen eingeladen, sich gemeinsam fünf Stücke von uns anzuschauen – von September bis Dezember 2021. Amani, Mika, Alisia, Sophie, Tobias, Ari, Theresa und Roberta waren von 9 bis 52 Jahre alt und hatten ganz unterschiedliche Hintergründe: Drei Berliner Schüler*innen trafen auf zwei Psychologinnen, einen Wasser-Experten, eine Tanzlehrerin und eine Theaterpädagogin. Die Stücke, die sie gesehen haben, hatten unterschiedliche Themen und Ästhetiken und natürlich auch immer andere Tänzer*innen. Hier die Stücke im Überblick:
- A HUMAN RACE (11+) von Grichka Caruge
- FÜREINANDER GEMACHT (7+) von Grayson Millwood/The Farm
- KLEINE GROSSE SPRÜNGE (8+) von Jasmin Ihraç
- FAMILIENPORTRÄTS: IMMER NOCH KEIN KUNSTSTÜCK und ABSTANDSREGLER (10+) von den Familien Hegenscheidt/Huhn und Pavic/Torales
- SCHÖN ANDERS (6+) von Ceren Oran
Das Team, das die Gruppe begleitet hat, setzte sich aus unterschiedlichen Expertisen zusammen: Das Konzept hat Amelie Mallmann entwickelt, die bei TANZKOMPLIZEN als Tanzvermittlerin arbeitet. An ihrer Seite waren Raha Nejad und Akiles, beide als Tänzerin und Tänzer in der freien Szene aktiv. Gemeinsam haben sie sich überlegt, wie jeder Vorstellungsbesuch gerahmt werden kann, welche tänzerischen Übungen und Feedback-Techniken bei jedem Treffen passend sein könnten.
So spielten die beiden Fragen „Was hat funktioniert?“ und „Was hätte ich noch gebraucht?“ (in Anlehnung an die Feedback-Methode von DasArts) eine Rolle, um die eigenen Eindrücke möglichst genau zu beschreiben. Genauso wichtig war aber auch, das Gesehene in Bewegung auszudrücken, z.B. „Wie können wir die Kraft und Härte der Bewegungen aus A HUMAN RACE körperlich nachvollziehen?“, „Bringt uns die Musik aus FÜREINANDER GEMACHT auch zum ausgelassenen miteinander-Tanzen“?
Akiles, Raha und Amelie leiteten diese Übungen mit ihrem jeweils eigenen tänzerischen Verständnis an und machten uns bewusst, wie wichtig es ist, den eigenen Körper erst einmal zu spüren, bevor wir ihn „sprechen“ lassen wollen.
Fotos: René Löffler
Die Feedbacks der Gruppe zu den einzelnen Stücken wurden schriftlich festgehalten und an das jeweilige künstlerische Team weitergeleitet. Die Teams empfanden diese ausführliche Rückmeldung, die auch mal kritisch ausfallen konnte, als wahres Geschenk. Wann bekommt man schon mal so viel Feedback vom Publikum?!
DIE KOMPLIZ*INNENJURY wirkte somit in zwei Richtungen: hin zu den Künstler*innen, die ausführliche und differenzierte Rückmeldungen zu ihrem Stück bekamen; aber auch hin zu den Teilnehmer*innen selbst, die ihre Wahrnehmung schärfen und sich in einer generationsübergreifenden Gruppe über Tanz austauschen konnten.
Das schönste Abschlussfeedback war, dass sich einige von ihnen jetzt vorstellen können, mehr in Tanzstücke zu gehen und auch selber zu tanzen.
Der Film, der oben auf dieser Seite zu sehen ist, bildete den Abschluss unseres Projekts. Es wurden Zweierteams gebildet, denen jeweils ein Stück zugeteilt wurde. Die Aufgabe lautete: Finde mit deinem/deiner Partner*in einen Hauptaspekt des Stückes, den ihr zeigen wollt. Für jedes Team gab es nur eine zweistündige Probe, dann schaltete Aaike Stuart seine Kamera an und es hieß: Film ab!
In der Abschlussrunde wurde deutlich, dass alle von dem Projekt profitiert haben, allerdings auf unterschiedlichen Ebenen. Manche waren froh, sich überhaupt mal mit Tanz für junges Publikum beschäftigen zu können, andere mochten am liebsten die Treffen nach den Stücken, in denen auch getanzt wurde. Hervorgehoben wurde die Horizont-Erweiterung, was alles im Tanz für junges Publikum überhaupt möglich ist – diese Erkenntnis war nur durch das Schauen und den Vergleich mehrerer Stücke möglich.
DIE KOMPLIZ*INNENJURY ist erst einmal abgeschlossen, aber möglicherweise gibt es eine Fortsetzung in der neuen Spielzeit 2022/2023. Interessierte können sich gerne melden unter mallmann@tanzzeit-berlin.de.
Wir bedanken uns herzlich bei unseren Förderern und allen Teilnehmenden!
Fotos: René Löffler
Die Kompliz*innenjury wurde gefördert im Rahmen von NEUSTART KULTUR – Junges Publikum.